auch: Hypericum perfoliatum

Johanniskraut am 23.06.2025

Es sind die längsten Tage des Jahres, und gibt es eine Pflanze, die wie keine andere diese Zeit symbolisiert: das Johanniskraut! Der 21. Juni, Johannistag, gibt ihr denn auch ihren Namen und ihre kulturelle Bedeutung ist eng verknüpft mit dem Sonnenschein. Diesen soll sie nämlich speichern für die dunkle Jahreszeit. In einem ganz materiellen, chemischen Sinn tun das ja alle grünen Pflanzen, in dem sie die Sonne nutzen, um Kohlenhydrate und eine Menge anderer Stoffe zu synthetisieren. Das Johanniskraut tut dies aber für Menschen nochmal direkter erfahrbar, denn das Hyperforin und andere Stoffe, die es mithilfe der Sonnenenergie synthetisiert, behandeln sanft aber wirksam leichte bis mittlere Depressionen in der dunklen Jahreszeit. Der besondere Bezug zur Sonne zeigt sich auch darin, dass es photosensibilisierend wirkt, also die Haut empfindlicher macht für UV-Verbrennungen. Im Sommer rate ich deswegen von der Einnahme der Johanniskrauttinktur ab. Im Winter sollte daran denken, wer in die Skiferien fährt!

Johanniskraut hat ausserdem einen besonderen Bezug zum Nervensystem der sich in einer psychoaktiven Wirkung, aber auch physisch in einer neuroprotektiven (nervenschützende) Wirkung zeigt! Letztere wird auch im Zusammenhang mit Alzheimer und anderen Neurodegenerativen Erkrankungen erforscht. Es wirkt zudem antiviral.

Der Wirkstoff Hypericin sammelt sich besonders in Krebszellen an und wird in der photodynamischen Krebstherapie genutzt, um diese abzutöten.

Aus TCM Sicht, wirkt das Johanniskraut unter anderem Qi-Bewegend und Shen-Geist beruhigend. Es wirkt auf alle Zang Organe sowie den Magen.

Da ich das oft gefragt werde, hier nochmal eine kurze Übersicht zu den Verarbeitungsformen und ihrer Wirkung:

Verarbeitungsformen

Johanniskrautöl oder Rotöl ist der Auszug aus den Blüten in einem fetten Öl, zum Beispiel Olivenöl. Es kann innerlich eingenommen werden (wenn du es selber hergestellt hast), zum Beispiel bei Magenreizungen wirkt aber NICHT stimmungsaufhellend! Sein Hauptanwendungsgebiet ist äusserlich als entzündungshemmendes Öl, (gemischt mit äth. Lavendelöl) bei Verbrennungen, sowie mit etwas Erfahrung auch bei schlecht heilenden Wunden. Angereichert mit äth. Melissenöl kann seine antivirale Wirkung äusserlich bei Herpes genutzt werden. Rotöl wirkt schmerzlindernd und hat einen besonderen Bezug zu Nervenschmerzen. Es ist auch eine gute Grundlage für ein hochwertiges therapeutisches Massageöl.

Johanniskrauttinktur ist der alkoholische Auszug aus den Blüten. Für eine ernsthafte Anwendung gegen Winterdepressionen, ist das die Form der Wahl! Johanniskrauttinktur hat eine gute Wirksamkeit, muss dafür aber erst mal ca zwei Wochen lang täglich eingenommen werden. Vorsicht, wenn du Antidepressiva zu dir nimmst. In dem Fall solltest du die Hände von Johanniskraut lassen, denn es bestehen z.T. direkte Wechselwirkungen! Auch die Johanniskrauttinktur hat eine antivirale Wirkung.

Johanniskrauttee ist die Zubereitung gesamten oberirdischen Pflanzenteile als Tee. Johanniskrauttee schmeckt gut, wirkt ausgleichend und beruhigend. Johanniskraut ist eine gute Zutat für Teemischungen für Menschen mit nervöser oder ängstlicher Veranlagung, Leute, die schwer einschlafen können oder zum Beispiel an nervösen Sprachstörungen leiden. Du kannst dir hier die symbolische Verbindung mit dem Sonnenschein und die Wirkung auf das Nervensystem im Solarplexus verbunden vorstellen. Immer dann, wenn sich der Bereich direkt unter deinem Brustbein nicht entspannt anfühlt, kannst du an Johanniskraut denken, egal ob es eher der Magen ist oder emotionale Anspannung, oder nochmal eine ganz andere Beschwerde, die dir zu schaffen macht. Persönlich sammle ich das Kraut für den Tee am liebsten im Herbst, wenn es quasi am Stängel getrocknet ist.

Generelle Wechselwirkungen – Beschleunigter Abbau anderer Medikamente:

Johanniskraut ist eine der pharmakologisch bestuntersuchten europäischen Heilpflanzen. So wissen wir, dass es in der Leber das Enzym Cytochrom P450 3A4 stimuliert, welches für die Verstoffwechselung vieler körperfremder Substanzen verantwortlich, und damit auch am Abbau vieler Medikamente beteiligt ist. Johanniskraut kann also den Serumspiegel von Medikamenten verringern und erscheint deswegen in vielen Packungsbeilagen vor. Es ist wichtig, diese Wirkung ernst zu nehmen. Wenn du Medikamente einnimmst, bei denen es problematisch ist, wenn ihre Wirkung abgeschwächt wird, prüfe bitte mit deiner Ärzt_in, ob eine Einnahme von Johanniskraut für dich ungefährlich ist! Es gibt übrigens recht viele Medikamente wie auch Heilpflanzen, die Cytochrom P450 3A4 stimulieren oder hemmen. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von der Einnahme von Johanniskraut abgeraten, wenn du hormonell verhütest. Dazu gibt es drei eher kleine Studien, von denen keine Verminderung des Schutzes vor Schwangerschaft feststellen konnten. Ganz entwarnen würde ich in diesem Zusammenhang aber nicht, weil zwei der Studien bei gleichzeitiger Einnahme von Johanniskraut und oralen Kontrazeptiva vermehrt Zwischenblutungen festgestellt haben. Persönlich würde ich deshalb Menschen die hormonell verhüten anraten, bei Bedarf Johanniskraut zu nehmen, dieses jedoch beim Auftreten von Zwischenblutungen wieder abzusetzen (oder auf eine andere Verhütungsmethode zu wechseln.)

Johanniskraut kannst du dir selber verschreiben, wenn du dich etwas eingelesen hast und die relativen Kontraindikationen (Photosensibilisierung, Wechselwirkung mit Antidepressiva, beschleunigter Abbau anderer Arzneien) im Blick hast. Es gibt aber auch gute Argumente, eine Behandlung mit Johanniskraut von eine_r erfahrenen Phytotherapeut_in begleiten zu lassen. Nicht zuletzt, dass diese_r dir Heilpflanzen auch zu personalisierten Rezepturen zusammenstellen kann, und dir einen therapeutischen Rahmen gibt, der hilft den Fortschritt der Behandlung zu reflektieren und allfällige unerwünschte Wirkungen zu vermeiden.

Dieser Artikel wird bereitgestellt von Emanuel Haab – TCM-Praxis Wu Wei – Behandlungen mit Phytotherapie, Akupunktur und Tuina Massage in Zürich und Au ZH